Rainbow Mountains oder:

wie ich es gleichzeitig mit meinem Mann schaffte, auf über 5000 m Höhe anzukommen…

Wir werden um 6 Uhr 30 in unserem Hotel in Cusco abegeholt. Nach fast zwei Stunden Fahrt halten wir, um ein leichtes Frühstück einzunehmen. Uns wird geraten nur wenig zu essen, da die Verdauung auf 5000 m stark verlangsamt sei. Dann fahren wir noch einmal eine Stunde lang auf einer unbefestigten Straße bis auf über 4700 m. Der Veranstalter gibt sich wirklich alle Mühe, Normalmenschen wie uns die „Besteigung“ eines Fünftausender zu ermöglichen. In unserer Gruppe bekommt jeder einen einen Stock und nochmals Anweisungen: 

  • Warme Kleidung mitnehmen, denn „oben“ wird es richtig kalt.
  • Regelmäßig Wasser trinken, denn die Höhe trocknet einen aus.
  • Jeder geht sein Tempo und versucht nicht anzuhalten, sondern sehr langsam und kontinuierlich zu gehen.
  • Langsam atmen, an steilen Stücken tiefer und schneller ein- und ausatmen.
  • Nicht gleich zu Beginn zu verausgaben. 
  • Wir bekommen klare Zeitvorgaben

Die Aussicht auf die umgebenden Berge und das Tal ist schon beim Anstieg gigantisch und der Himmel strahlend blau. Unsere Vorfreude steigt. Einheimische Führer /innen warten schon am Parkplatz auf die ersten Touristen. Sie sind in ihren bunten Trachten und mit ihren gesattelten Pferden wunderschön anzuschauen. Freundlich bieten sie ihre Dienste an und wer nicht laufen kann oder will, darf sich auf ein Pferd setzen und wird auf dem Pferd nach oben transportiert. 

Der Wanderweg beginnt gemütlich, ich fühle mich wohl und bekomme sehr gut Luft. Es macht Spaß auf die Berge und ins Tal zu schauen und immer wieder diese begnadeten Läufer mit ihren Pferden zu beobachten. Langsam uns kontinuierlich steigt der Pfad bergan. Thomas ist schneller und wir einigen uns darauf, dass er sein Tempo geht und ich meines. Hier kann man sich nicht verlaufen und der Guide ist hinter uns… 

Aber auch ich bin gut in der Zeit. Wenn ich so weitergehe, werde ich das Zeitlimit gut einhalten können. Nach einer weiteren Stunde wird es immer steiler. Mir fällt ein, dass ich trinken soll und ich mache eine kurze Pause und plaudere mit einer netten Amerikanerin. Dann geht es weiter. Weit entfernt sieht man den letzten steilen Grat und die Menschen, die sich gegen den Horizont abzeichnen. Thomas ist mittlerweile weit voraus.

Ein sehr junger Mann mit Pferd am lächelt mich an. Bist Du müde? Möchtest du reiten? Ich lächle zurück: Nein danke, ich fühle mich prima! Mein Mann ist zwar weit voraus, aber ich werde es auch schaffen. Er lächelt und seine Augen blitzen. Möchtest du deinen Mann einholen? Er mag weit voraus sein, aber ich werde ihn einholen. Was meinst Du? Ich kann einfach nicht widerstehen. Prüfend schaue ich sein Pferd an. Es ist gut im Futter und sieht gepflegt aus. Also steige ich aufs Pferd und er geht sehr zügig bergan. Wir überholen viele Wanderer, auch einige zu Pferd. Mein Freund lacht und scherzt mit jedem, den er überholt und der ihm entgegenkommt.

Auf 5000 m Höhe hilft er mir vom Pferd und erklärt, dass ab dort für die Pferde Schluss sei. Sie dürfen nicht höher. Er zeigt lachend auf den Grat vor mir. Wenn Du jetzt langsam und kontinuierlich gehst, bist Du vor Deinem Mann oben. Dein Mann wird staunen, nicht wahr? Viel Spaß! Und dann macht er kehrt und rennt den Berg hinunter zu neuer Kundschaft. Was für begnadete Läufer und humorvolle Menschen! 

Und sie sind klug! Als Besitzer dieses Tales haben sie sich für eine Öffnung des Tourismus, aber gegen den Abbau von Rohstoffen durch Minenbetreiber entschieden. Ich steige langsam weiter. Die Luft ist dünn und ab und zu bleibe ich stehen und stütze mich auf meinen Stock wie so viele andere. (Dafür scheint der Stock zu sein! Ha!) Wenn ich viele Pausen mache, wird Thomas mich einholen. So kommen wir gemeinsam auf dem Gipfel an. 

Es ist eiskalt, aber wir können trotzdem an einer windgeschützten Stelle die atemberaubende Aussicht genießen. Ein paar Kinder spielen mit ihren Lamas oder ihren Hunden, andere rennen spielerisch den Berg herauf und herunter. Irdenwann geht es an den Abstieg. Bergab geht es natürlich einfacher und schneller und nachdem die Gruppe vollzählig ankommt, fahren wir in ein Restaurant. Ich habe nach der Anstrengung so Hunger, dass ich für zwei esse. Auch ein Zeichen von guter Akklimatisierung an die Höhe! 

In Huaraz war es mir oft leicht übel und ich konnte schlecht essen. Hier konnte ich den Tag richtig geniessen! Ich weiß nicht, ob ich in meinem Leben nochmals auf einen „Fünftausender“ komme….  Und gibt es einen weiteren Fünftausender, der so einfach zu besteigen ist? Ich glaube nicht. 

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